Stephan Ortolf, Wilfried Klein, Christian David (Moderation), Julia Herting
Transformation zur Klimaneutralität bedeutet: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen in Deutschland um mindestens 65 % und bis 2040 um mindestens 88 % gegenüber 1990 gesenkt werden. So ist es im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt. CO2-Emissionen, die durch industrielle Prozesse entstehen, müssen reduziert werden – durch eine Transformation der Produktionsprozesse, den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien und die Entwicklung neuer Technologien.
Das Ziel ist gesteckt, der Fahrplan steht. Aber wo stehen wir? „Kriegen wir das gewuppt oder nicht?“, fragte Christian David. Das Saalpublikum zeigte sich da eher pessimistisch. Die drei Podiumsgäste stimmten darin überein, dass in Teilbereichen – wie etwa in der Stromerzeugung - zwar bereits einiges realisiert worden sei, es aber schwierig bleibe. Zum Beispiel müsse es bei den Verbrauchern eine Bereitschaft geben, für klimafreundlichere Produkte auch höhere Preise zu zahlen.
Jeder einzelne Schritt, auch wenn er klein ist, bringt uns dem Ziel näher. Wenn in einem Unternehmen die Rechner mit Ökostrom betrieben oder verwendete Papierhandtücher zum Recycling gegeben werden, um daraus wieder neue Papierhandtücher herzustellen, wie es Stephan Ortolf über die Sparkasse KölnBonn berichtete, leistet das einen Beitrag. Der Beitrag fällt natürlich umso größer aus, je energieintensiver ein Unternehmen ist.
Selbst gestecktes Ziel der SGL Carbon ist bis 2038 netto neutral zu produzieren. „Wir haben das Ziel fest im Blick. Die Strategie ist auch klar aber die einzelnen Schritte können noch gar nicht definiert werden, weil wir technologisch und wirtschaftlich noch gar nicht so weit aufgestellt sind.“, berichtete Julia Herting. Das ist auch aus Sicht von Wilfried Klein einer der Knackpunkte der politischen Zielsetzung. Gerade für Prozesse, die schwer zu dekarbonisieren sind, existiert oft noch keine Lösung oder auch keine gesetzliche Freigabe, um gewisse Technologien in Deutschland einsetzen zu können.
Da stellt sich die Frage, was Unternehmen unter diesen Rahmenbedingungen motiviert, Geld für die Dekarbonisierung auszugeben. Verschiedene Faktoren spielen da mit rein: Nachhaltige Produkte und Produktion werden stärker nachgefragt und bewertet, Standards und gesetzliche Vorgaben sollen eingehalten werden, die Transformation wird als zwingend notwendig betrachtet und man sieht sich selbst in der Verantwortung dafür, seinen Beitrag zu leisten. Umso besser, wenn sich eine Investition in Innovation auszahlt. „Die neue Maschine, die wesentlich weniger Strom verbraucht, ist im Betrieb günstiger; vielleicht ist sie auch wartungsärmer, weil sie eine neue Art von Motor enthält usw. Es gibt viele Effekte, die auch ökonomisch attraktiv sind und gleichzeitig der Ökologie helfen.“, sagte Stephan Ortolf.
ESG, CSR, Nachweis der Lieferketten, Nachhaltigkeitsbericht, CSRD – alles Berichte, die mit der Transformation und der erforderlichen Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnen, in den Unternehmen äußerst hohe Ressourcen verschlingen und insofern den immer beklagten Bürokratieaufwand noch vergrößern. Von vielen als regulatorische Last empfunden, kann Bürokratie allerdings auch zu Wettbewerbsgleichheit beitragen und Willkür vermeiden. Der Aufwand dafür müsse aber durch Vereinfachung und Verschlankung, wie sie möglicherweise durch das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene CSRD Omnibus-Paket erreicht werden können, deutlich reduziert werden.
Welche politischen Maßnahmen würden Unternehmen darin bestärken, in klimafreundliche Technologien und Prozesse zu investieren? Nach Einschätzung der Podiumsgäste: klare politische Bekenntnisse, die über einzelne Legislaturperioden hinausgehen – also Verlässlichkeit und damit Planungssicherheit. Die Voraussetzung für das Gelingen der Transformation zur Klimaneutralität ist aber in jedem Fall, dass sie von der Gesellschaft auch getragen wird. Jeder Einzelne ist gefragt.
Oder um es mit Worten von Barack Obama zu sagen, die Christian David am Schluss der Gesprächsrunde zitierte: „Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt und die letzte Generation, die etwas dagegen tun kann.“
#WTNRW #WTB63
Wilfried Klein
Director Net Zero Infrastructure & Clusters Europe von LyondellBasell
Julia Herting
Senior Director & Site Manager Bonn der SGL Carbon SE
Stephan Ortolf
Vorstand für Firmenkunden, Institutionelle Kunden und Treasury der Sparkasse KölnBonn
Moderation:
Christian David
Moderator, Reporter und Medientrainer