Jens Bräutigam, Sonja Hausmann, Christian David (Moderation), Nikolaus Decker, Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke
Der Wohnungsbedarf steigt, der Wohnungsbau stockt. Die Schere zwischen Nachfrage und Angebot wird immer größer.
Die Gründe für den massiv stockenden Wohnungsbau sind vielfältig: hohe Bau- und Finanzierungskosten sowie Grundstückspreise, massiver Fachkräftemangel, viel Bürokratie und Ineffizienz rund um das Baugeschehen. In Bonn sind die begrenzten Flächen sowie bestehende Baupläne weitere Hemmnisse für den Bau. Im Außenbereich sollen keine weiteren Flächen versiegelt werden; für die Nachverdichtung gibt es häufig Widerstand in der Stadtgesellschaft.
Die Probleme sind bekannt und müssen bewältigt werden. Worin kann die Lösung bestehen?
Bundes-Bauministerin Gallwitz sieht eine Lösung im Gebäudetyp E. Das ist aber im bestehenden Rechtsrahmen gar nicht so leicht umsetzbar. Jens Bräutigam nannte die Geschossdecke als Beispiel für eine theoretische Einsparmöglichkeit. Die wird nach geltendem Recht nach dem Schallschutzfaktor dimensioniert. Der Verkauf eines Gebäudes vom Typ E muss zwischen Vollprofis getätigt werden, damit beide wissen worauf sie sich einlassen. Ein Investor müsste also auch seinen Mietern erklären, dass es für sie schwierig werden würde, gegen dauerhafte Lärmbelästigung aus dem Umfeld der Wohnung vorzugehen. Als Experimentierfeld für einen neuen Ansatz mag der Gebäudetyp E ein guter Gedanke sein; als motivierender Faktor für eine Zunahme der Bautätigkeit in der Privatwirtschaft erscheint er eher ungeeignet.
Eine besonders wichtige Stellschraube, an der man drehen muss, ist der Bürokratieabbau. Es gibt im Baugeschäft viel zu viele und sich teilweise widersprechende Vorgaben, die lange Bauzeiten und eng gesteckte gestalterische Spielräume zur Folge haben. Dokumentations- und Nachweispflichten belasten Handwerksbetriebe, denn sie binden zeitliche Ressourcen der Fachkräfte in hohem Maße. Und auch den Behörden, die mit der Kontrolle betraut sind, fehlen die notwendigen Ressourcen.
Sonja Hausmann brachte die vielfältigen Fördermöglichkeiten als Beispiel. Die Sparkassen haben eine eigene Gesellschaft gegründet, um Kunden, die ein Bau- oder Sanierungsvorhaben planen, umfassend beraten zu können. Spezielle Fördermittel- und Energieberater können dem Bauherrn beispielsweise Hinweise geben, welche energetische Maßnahme sich besonders lohnt oder - gerade, wenn das Geld knapp ist - in welcher Reihenfolge geplante Maßnahmen erfolgen sollten. Denn möglicherweise hat die Gebäudedämmung zunächst den wesentlich größeren Effekt als der Austausch einer Heizung.
Die Zahl der Regulierungen muss verringert werden; der aktuelle Stand ist unüberschaubar und damit nicht mehr zu bewältigen. Prof. Hennecke vertrat die Ansicht, dass der Staat nur Vorgaben machen solle, deren Einhaltung zu kontrollieren er auch in der Lage sei. Vorschläge wie "One in, one out" wie sie im Zusammenhang mit dem Bürokratieabbau gemacht werden, hält er für zu kurz gegriffen. Denn die vorhandenen Regeln seien ja aus guten Gründen aufgestellt worden. Vielmehr sei es notwendig, dass alle beteiligten Akteure in der Gesamtbetrachtung gemeinsam Verbesserungen entwickeln würden.
Dazu hob Jens Bräutigam einen wichtigen Aspekt hervor, der den sozialen Wohnungsbau betrifft: In Bonn gibt es aktuell 9.000 Wohnungen, für die die Stadt das Belegungsrecht hat; in den nächsten 10 Jahren wird deren Zahl auf 3.000 sinken. Bezugsrecht haben aber Ein-Personen-Haushalte mit einem monatlichen Netto-Einkommen von 2.760 Euro. Dieser Betrag müsse dringend gesenkt werden. Außerdem sollten die Mieter ihr Einkommen regelmäßig nachweisen müssen. Zur Zeit ist es so, dass jemand 25 Jahre lang aus Steuermitteln finanzierte, vergünstigte Miete haben kann.
Gefragt, was für ihn der wichtigste erste Schritt sei, um den Wohnungsbau voranzutreiben, antwortete Nikolaus Decker: tatsächlicher politischer Wille. Es dürfe sich nicht nur um Willensbekundungen handeln. Und das gelte nicht nur auf Bundesebene, sondern auch für die Kommunen, bei denen ja die Planungshoheit liege und die viel zu häufig keine politische Einigung erzielten.
#WTNRW #WTB62
Jens Bräutigam
Geschäftsführer der Wohnbau GmbH & Vorsitzender des Ausschusses für Immobilienwirtschaft der IHK Bonn/Rhein-Sieg
Nikolaus Decker
Gründungspartner der BauWerkStadt Architekten & Vorsitzender der Haus & Grund Bad Godesberg
Sonja Hausmann
Mitglied des Vorstands der Sparkasse KölnBonn
Prof. Dr. Hans Jörg Hennecke
Hauptgeschäftsführer von HANDWERK.NRW e.V.
Moderation:
Christian David
Moderator, Reporter und Medientrainer